Gewerkschafter*innen und Kolleginnen des Projekts „Faire Mobilität in Thüringen“ wurden die Information der Saisonbeschäftigten in der Landwirtschaft verwehrt
Als im Juni Kolleginnen der Anlauf- und Beratungsstelle „Faire Mobilität in Thüringen“, begleitet durch Vertreter der IG BAU, mit dem MDR Thüringen Fernsehen überraschend auf dem Feld mit Erntehelfern ins Gespräch kommen wollten, untersagte dies der geschäftsführende Gesellschafter des Betriebes. Seine Begründung: Einhaltung der strengen lebensmittelhygienischen Vorschriften, vor allem in Zeiten der Coronakrise. Betriebsbesuche sollten unbedingt angemeldet werden, um die Zertifizierungsvorgaben und Verfügungen des Gesundheitsamtes einzuhalten und sicherzustellen.
Den Kolleg*innen war der Schutz der Beschäftigten selbstverständlich ein Anliegen. So waren sie, ausgestattet mit Mund- und Nasenschutz sowie Handschuhen, auf dem Weg, um die rumänischen Beschäftigen über ihrer Rechte als Arbeitnehmer*innen in Deutschland zu informieren und entsprechende Informationsmaterialien und Kontaktdaten auszugeben. Tina Morgenroth vom Projekt Faire Mobilität in Thüringen merkt an: „Dass unsere Arbeit seitens des Arbeitgebers verhindert wurde, sehen wir äußerst kritisch. Unser berechtigtes Ziel ist es, Beschäftigte mit Broschüren aufzuklären. Besonders in Zeiten der Corona- Pandemie ist es bedeutsam aktuelle Informationen in der Muttersprache zu übermitteln. Wird dies für uns und die Gewerkschaft verhindert, sehen wir unsere Zutrittsrechte beschnitten.“ Der Arbeitgeber versprach daraufhin den Kontakt zu den rumänischen Beschäftigten zu ermöglichen und Unterkünfte zu besuchen, wenn wir eine Woche später wieder kämen.
Das Angebot der Betriebsführung zum Gespräch mit der Beratungsstelle „Faire Mobilität“ und der IG BAU, an der auch der Geschäftsführer des Landesverband Gartenbau Thüringen e.V. teilnahm, fand schließlich eine Woche später statt. Herr Leefers stellte der Betrieb und Arbeitsabläufe vor. Ausführlich berichtete er über die Notwendigkeit, Gewinnung, Bezahlung und Unterkunft von Saisonkräften. Am liebsten wären ihm offenbar einheimische Helfer bei der Erdbeerernte. Da diese nicht verfügbar sind, müssen zur Sicherstellung der Versorgung ausländische Kräfte gewonnen werden. Alle gesetzlichen Vorgaben werden eingehalten. Die Entlohnung erfolgt prinzipiell nach dem aktuellen Mindestlohn in Höhe von 9,35 Euro je Arbeitsstunde.
Für die Saisonkräfte seien im Schloss die Zimmer so eingerichtet, dass die Hygienebestimmungen im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie eingehalten werden können. Ob dies tatsächlich so ist, konnten wir nicht beurteilen. Denn der Zugang wurde uns nicht – wie versprochen – gewährt. Erfahrungsgemäß werden bei Saisonbeschäftigten in der Landwirtschaft hohe Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Rechnung gestellt.
„Findige Regelungen seitens des Arbeitgebers sorgen dafür, dass es dafür praktisch keine Deckelung nach oben gibt. Unsere Frage nach den Kosten für Unterkunft und Verpflegung blieb trotz mehrfacher Wiederholung unbeantwortet und so müssen wir annehmen, dass hier vergleichsweise hohe Beträge abgezogen werden.“ fasst Bernd Unbescheid zusammen, der als ehrenamtlicher Senior in der IG BAU aktiv ist.
Statt diese beiden Posten Kost und Logis kostenfrei, neben der Vergütung zu gewähren und maximal die jährlich festgelegten Sachbezugswerte anzurechnen, wird diese Leistung durch einen anderen „Anbieter“ per gesonderten Vertrag angeboten. Auf diese Weise kann der Monatslohn schnell um die Hälfte gekürzt werden. Um die Familie in der Heimat Rumänien den Rest des Jahre zu ernähren bleiben dann von 48 Stunden schwerer körperlicher Wochenarbeitszeit maximal 1000€ monatlich übrig.